Schützen erweitern Archiv um Andenken an Ehrenmitglied Rudolf Neubronner


Mit Andenken seines Vaters

Rudolf Neubronner für die Cronberger Schützengesellschaft im Gepäck stattete Claus Neubronner (rechts) dem zweiten Vorsitzenden der Schützen, Rolf Gilgen, einen Besuch ab.

 

Foto: M.Westenberger                                                                                    Korrigierter Auszug des Kronberger Boten vom 16. Juli 2020

Kronberg (mw) – Das Archiv der Cronberger Schützengesellschaft 1398 ist kürzlich wieder um einige Utensilien größer geworden. Nach dem Tod des langjährigen Mitglieds der Schützengesellschaft, Rudolf Neubronners, im April dieses Jahres entschied sich dessen Sohn Claus Neubronner, der in Paris lebt, anlässlich der Beerdigung seines Vaters auch den Cronberger Schützen einen Besuch abzustatten, um ihnen die verbliebenen Andenken seines Vaters, die mit der Cronberger Schützengesellschaft von 1398 in direkter Verbindung stehen, zu schenken. Für den zweiten Vorsitzenden, Rolf Gilgen, der das Vereinsarchiv pflegt, ein besonderer Moment: Rudolf Neubronners Sohn Claus und dessen Partnerin Yuka wickelten mehrere große und kleinere Schützen-Scheiben aus, liebevoll bemalt, eine davon hat den Kronberger Burgturm als Motiv, der auch das Vereinslogo ziert, denn ehemals waren die Bäume hinter den Feldern am Vereinsheim der Schützen in der Lindenstruth noch kleiner und gaben genau diesen Blick auf den Burgturm frei. Dazu wurden alte Vereinsehrennadeln ausgepackt, eine Königskette, eine Festschrift zum 500-jährigen Vereinsjubiläum und einiges mehr, beispielsweise ein Aufruf für das Schützenfest von 1898.  „Vaters Herz war immer hier in Kronberg und bei den Schützen“, sagte sein Sohn bei der feierlichen Übergabe der Erinnerungsstücke. „Deshalb sind diese Stücke für mich hier bei Ihnen genau am richtigen Platz.“

Rudolf Neubronner

Rudolf Neubronner (14.10.1925-14.04.2020), Sohn des Adolf Neubronner, der Bruder von Carl Neubronner (1896-1997) Ehrenbürger und ebenfalls Ehrenmitglied  der Cronberger Schützen. Somit war Carl Neubronner Rudolf Neubronners Onkel.
Rudolf  war mit 28 Jahren im Jahr 1953 den Cronberger Schützen beigetreten. Wie Gilgen verriet, war das die Zeit des Neubeginns des Vereins, das alte Vereins-gelände war nicht mehr nutzbar, beziehungsweise war nach dem Krieg auch gar kein Schießen, außer mit dem Luftgewehr, mehr zugelassen. Dafür traf man sich im Frankfurter Hof als Dreh- und Angelpunkt der Vereins-aktivitäten und vieler feuchtfröhlicher Vereinsabende, blickte Gilgen zurück. Trainiert wurde mit dem Luftgewehr direkt an der Gaststätte auf dem dazu eingerichteten Schießstand neben dem Waschkeller. Wie Rudolfs Sohn Claus Neubronner erzählte, zog sein Vater zwar bereits 1959 beruflich bedingt nach Walsrode in Niedersachen, wo er als technischer Kaufmann eine Anstellung fand, später jedoch als Grafiker arbeiten sollte, wie sein Sohn rückblickend erzählte. In Walsrode trat er in den Schützencorps ein und sollte dort seine Schützenaktivitäten als Jugendwart und Kreisjugendwart fortführen. Das hielt ihn jedoch Zeit seines Lebens nicht davon ab, die Verbindung zu den Cronberger Schützen aufrechtzuerhalten. „Zu uns hielt er Kontakt durch gelegentliche Besuche, durch Grußkarten zu Feiertagen. Und für unser erstes Preisschießen spendete Rudolf Neubronner den größten Teil der Preise“, erinnerte sich Gilgen bei dem Treffen gerne zurück. Neubronner war für seine über 40-jährige Vereinstreue, aber auch für seine Verdienste um den Verein, anlässlich der Königsfeier am 12. September 2009 zum Ehrenmitglied ernannt worden. Nach seiner Pensionierung zog es ihn nach Wachenheim in Rheinland-Pfalz an der Weinstraße. „Mein Großvater hatte in meiner Kindheit schon in der Pfalz ein Wochenendhäuschen gekauft, in dem wir als Kinder oft unsere Ferien verbracht haben.“ Das sei wohl mit ein Beweggrund für seinen Vater gewesen, der lange Zeit alleine lebte und  94 Jahre alt wurde, statt nach Kronberg, wo es ihn ebenfalls hinzog, in die Pfalz, in diesen seinen „Süden“, zu ziehen. Wie Claus Neubronner bemerkte, hat sein Vater „gerne geschossen – mit dem Gewehr und mit der Kamera“. Als damaliger Vereinsfotograf hatte er den Schützen, mit denen er auch noch in seinen letzten Lebensjahren schriftlich in Kontakt stand, bereits seine noch vorhandenen Bilder aus den 50er und 60er-Jahren, aus der Zeit der Sanierung des Vereinsheims in der Lindenstruth, vermacht. Zu den Hobbys Rudolf Neubronners zählte neben der Fotografie auch die Ahnenforschung. Gemeinsam mit dem Großvater hatte er angefangen, Stammbäume zu erstellen. „Meine Aufgabe bestand später darin, die Stammbäume zu digitalisieren“, erzählt Claus Neubronner lächelnd. Doch er erinnerte sich auch an eine kuriose Reise nach Singapur mit seinem Vater Rudolf in den 90ern sehr gerne zurück. Denn auch wenn es bereits viele Zeit-dokumente des als Fotografen, Amateurfilmer, Apotheker und Fabrikgründer vielseitig versierten und bekannten Julius Neubronner, seines Urgroßvaters gab, so galt es doch, noch einiges zu erforschen. „Es existierte beispielsweise ein Alexander Neubronner, der mit seiner Familie nach Singapur ausgewandert war“, erzählte er. „Auf dessen Spuren haben wir uns damals begeben.“ Das habe zu vielen spannenden Begegnungen geführt mit Familien in Südostasien, die alle gar nicht wussten, dass sie miteinander verwandt sind. „Es stellte sich aber tatsächlich raus, dass sie es waren. Tja und schließlich haben wir den Stammbaum von Südostasien wieder mit dem deutschen zusammengeführt“, berichtete er lachend.

Beengtes Archiv

Rolf Gilgen freute sich darüber, mit den Erinnerungsstücken des Verstorbenen ein kleines Mosaikstück mehr für die Kronberger Schützen-geschichte gewonnen zu haben. „Ich stelle immer wieder fest, dass manche vor allem in die Zukunft blicken, aber sich nicht besonders für ihre Tradition interessieren.“ Das sei bei den Schützen anders, was aber auch an ihrer langen Historie liegen mag. „Gerade die Schützenscheiben, die zu besonderen Anlässen handbemalt als Geschenk mitgebracht wurden, sind für die Ortsentwicklung oftmals wichtige und hochinteressante Zeitdokumente“, sagte er. So werde man Rudolf Neubronners Namen im Vereinsarchiv nun auch dauerhaft für die nachfolgenden Generationen erhalten und ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Auch wenn das mit dem Platz im wahrsten Sinne des Wortes bei Schützen so eine Sache ist: Das Geschichts-bewusstsein des Vereins ist groß und die Geschichte des Vereins ist lang. Somit ist das Archiv inzwischen in sehr beengten Verhältnissen und die Wände des Vereins-heims sind mit vielerlei Schützenscheiben bereits dicht behängt.  Es gehe ihnen ähnlich wie dem Geschichts-verein, der lange Zeit nach Räumen für sein Archiv suchen musste und jetzt in der Taunushalle eine Möglichkeit erhalten habe, Dokumente aufzubewahren, erklärte der zweite Vorsitzende. Doch als Mitglied im Geschichtsverein weiß er, dass trotzdem die Archive überquellen. Ähnlich beengt sähe es auch beim Kronberger Stadtarchiv und im Stadtmuseum der Burg aus. „Jedenfalls wäre es wünschenswert für die Stadtgeschichte, wenn es mehr Platz gäbe“, fand Gilgen. „Wir hätten natürlich beispielsweise die eine oder andere alte Waffe, die es wert wäre, sie zu zeigen. Aber es gibt  keine Möglichkeit, sie auszustellen.“

Kleiner Geschichtsexkurs

Das genaue Gründungsjahr der Cronberger Schützengesellschaft ist übrigens gar nicht bekannt, unternahm Gilgen schnell noch einen Exkurs in die Vereinsgeschichte, die er genauestens recherchiert und aufgeschlüsselt hat. „Wir gehen aber davon aus, dass mit der Verleihung der Stadtrechte durch Kaiser Ludwig den Bayern am 25.04.1330 und der damit verbundenen Errichtung von Mauern und Türmen sicher auch armbrustbewährte Verteidiger ihren Platz auf diesen fanden, die sich wiederum in Schützengilden zusammenschlossen“, steht in der Vereinschronik geschrieben.  Man geht auch davon aus, dass bei der Schlacht bei Eschborn am 12.05.1389 vermutlich auch Kronberger Armbrustschützen beteiligt waren, doch die erste urkundliche Erwähnung des Schützenvereins findet sich erst in Form eines Ladebriefes, mit dem am 06.09.1398 die „Schießgesellen zu Cronenberg“ ihre Freunde, die „Schießgesellen zue Franckenfurd“, zu einem Preisschießen mit der Armbrust einluden. Der Ladebrief gilt als der älteste überlieferte deutsche Schützenladebrief, das Original ist leider im Stadtarchiv von Frankfurt im Zweiten Weltkrieg verbrannt. „Als Kaiserin Friedrich Kronberg zu ihrem Witwensitz erkor und Schloss Friedrichshof von 1888 bis 1893 erbaute, begann die Glanzzeit der Schützengesellschaft“, blickte Gilgen zurück und schloss damit den geschichtlichen Bogen zu dem nun bei den Cronberger Schützen verbliebenen Andenken, dem schriftlichen Aufruf für das Schützenfest von 1898. Die große Wohltäterin unserer Stadt habe damals ein großes Herz für Geschichte und Tradition gezeigt und die Belange der Schützen gefördert, erzählte er im Beisein von Claus Neubronner. Zum bevorstehenden Jubiläum sei damals 1898 der ganze Schießplatz, der sich auf dem seit 1862 pachtweise von der Stadt übernommenen Kastanienstück im Kellergrund befand, einer gründlichen Renovierung unterzogen worden. Vom 30. Juli bis 7. August fand dann das 500-jährige Jubiläum an neun ereignisreichen Kronberger Tagen statt. „Es war ein unbestrittener Höhepunkt in unserer langen Geschichte. Gemessen am Aufwand kann man es wohl als bisher größtes Fest Kronbergs bezeichnen“, betonte er. In der Chronik ist das detailliert festgehalten: „Auf dem Festplatz befanden sich eine Poststation mit Telegraf und Telefon und eine Sanitätsstation; außerdem Karussell und Verkaufsbuden. Zum achttägigen Jubiläumsschießen standen viele wertvolle Preise zur Verfügung. Insgesamt wurden rund 25.000 Schuss abgegeben, ist dort vermerkt. Einmalig bis heute blieb der historische Festzug, dem die einheimischen Maler mit ihren Entwürfen die stilechte Note gaben.“ Geblieben sei davon das Königsschießen, welches seinen Ursprung in der 500-Jahrfeier hatte und zum ersten Mal am 20. August 1898 ausgeschossen worden war. „Der zum Jubiläum von Kaiser Wilhelm II gestiftete Königsadler als Halsbandorden wird seit dieser Zeit als Wanderpreis dem jeweiligen König überreicht“, erläuterte Gilgen  und schloss damit seinen Exkurs in die Geschichte des Vereins, der heute rund 100 Mitglieder zählt, 40 bis 50 davon aktiv im Vereinssport. Bogenschießen

 

Heute liegt das Bogenschießen bei den Schützen ganz groß im Trend, ein Angebot, das auch von Frauen begeistert angenommen wird. Übrigens, wer denkt, das Schießen sei vorwiegend eine Männerdomäne, der irrt: Heute seien es hauptsächlich Frauen, die in der Bundesliga schießen, verriet der zweite Vorsitzende. Die Cronberger Schützengesellschaft 1398 hatte mit der Kronbergerin Birgit Stupp 1960 bereits ihre erste „Schützenkönigin“. In den 70er- und 80er-Jahren waren es ebenfalls die Damen, die in der Disziplin Sportpistole mehrmals den Deutschen Meistertitel für den Verein gewannen, wusste Gilgen zu berichten. „Das Schießen ist aber nur das Eine, was uns zusammenhält“, erklärte er im Rahmen des feierlichen Erinnerungstreffens abschließend. „Viel wichtiger noch ist die gelebte Gemeinschaft.“ Das hätten die Schützen in den letzten Monaten wie andere Vereine auch durch die Corona-Einschränkungen deutlich gespürt. „Sich treffen zu können, das ist das Wichtigste. Das war früher genauso wie heute.“ Geändert hätten sich nur die Anlässe. „Früher traf man sich zum Schützenball, heute lieber zum Barbecue.“